Von Datenarbeitenden für Datenarbeitende - Prekäre Arbeitsbedingungen in der Content-Moderation und ihre Folgen für die Arbeitnehmenden
In diesem Podcast werden die Kämpfe der Content-Moderatoren bei Telus International in Essen, Deutschland, besprochen, wobei die schlechte Bezahlung, die psychisch belastenden Aufgaben und die mangelnde Unterstützung betont werden. Die Beschäftigten versuchen, ihre Arbeit als qualifizierten Beruf anerkannt zu bekommen, um ihren Forderungen nach fairer Behandlung und Bezahlung zu stützen.
Von Lais, Layla & Omar
Untertitel verfügbar
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Trigger Warnung
Wir haben versucht, den Podcast so frei wie möglich von expliziten Beschreibungen von Gewalt zu gestalten, damit er für jeden zugänglich ist. Jedoch können einige der Beschreibungen verstörend sein und wir raten den Hörern zur Diskretion
In unserem Podcast teilen wir echte Geschichten von echten Content Moderatoren. Basierend auf unsere eigenen Erfahrungen und Gruppendiskussionen, geben wir hier ungefiltertes Feedback, wie sich der Arbeitsalltag in so einem Großraumbüro abspielt und welche Herausforderungen wir uns jeden Tag stellen müssen. Wir stellen klar, welche Probleme drastische Veränderung verlangen und wie man diese angehen kann. Wir hoffen, dass wir durch unseren Podcast auf die desolate Lage in unserem Arbeitssektor aufmerksam machen können. Wir müssen uns nicht nur täglich verstörenden Arbeitsinhalten, wie beispielsweise Suizid, Selbstverletzung aber auch Kindesmissbrauch, stellen, sondern werden außerdem konsequent ausgebeutet, mit beispielsweise zu geringer Bezahlung für die psychischen Herausforderungen unserer Arbeit und wenigen Urlaubstagen.
Es kann nicht sein, dass derartige Arbeitsbedingungen Standard für einen ganzen Sektor sind, vor allem nicht in einem reichen Land wie Deutschland. Wir fühlen uns von Regulierungsbehörden und Politikern im Stich gelassen und hoffen, dass unser Podcast gesellschaftliche Aufmerksamkeit erregt und zu Veränderungen beiträgt. Unsere Motivation, diesen Podcast aufzunehmen und uns gemeinsam zur Wehr zu setzen, entspringt unserem Wunsch, die Arbeitsbedingungen für uns selbst und für unsere vielen Kollegen, die direkt betroffen sind, zu verbessern. Bisher wurde das Thema Content Moderation nicht offen diskutiert und wir wollten uns kollektiv dagegen wehren, auch weil viele unserer Kollegen direkt betroffen sind.
Aufgrund unserer Geheimhaltungsklauseln sahen wir einen Podcast mit versteckter Identität als einziges Ventil, um unserer Stimme Gehör zu verschaffen. Nicht jeder der aktiv als Content Moderator arbeitet kann es sich erlauben, sich öffentlich gegen den Arbeitgeber zu stellen, da viele meiner Kollegen lediglich Aufenthaltsgenehmigungen haben, die an ihren Arbeitsplatz gebunden sind. In dieser fabrizierten Abhängigkeit dient unser Podcast als Mittel um eine kollektive Stimme zu projizieren.
Die wichtigsten Forderungen, die wir aus der im Podcast geführten Diskussion destilliert haben sind, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie die Anerkennung unserer Arbeit als offiziell anerkannter Beruf durch das IHK. Dazu kommt, dass die Unterlassung der Unterstützung unserer psychischen Gesundheit nicht nur für uns als Einzelpersonen, sondern auch für den Staat untragbar ist. Allein in unserem Unternehmen gibt es Tausende von Menschen, die den Staat um Hilfe bei der Bewältigung der langfristigen Folgen unserer prekären Beschäftigung bitten müssen, wenn die Bedingungen so bleiben, wie sie sind.
Empfohlene Zitierung:
Anonymous authors (2024). The Dark Side of Social Media – An excursion into precarious working conditions of content moderation and their consequences for workers. [Research support by M. Miceli, A. Dinika, L. Sachenbacher, C. Salim Wagner, & K. Kauffman]. Retrieved from https://data-workers.org/essen

Über die Authoren
Layla
Layla arbeitet seit fünf Jahren als Content-Moderatorin in Deutschland. Bei der Überprüfung und Verwaltung von nutzergenerierten Inhalten geht es darum, unangemessene oder schädliche Inhalte, die nicht den Richtlinien der Plattformen entsprechen, zu identifizieren und zu entfernen. Sie ist der Meinung, dass die Arbeitsbedingungen verbessert werden müssen, um das Wohlbefinden und die Effektivität von Datenarbeitern zu gewährleisten, einschließlich flexiblerer Arbeitsumgebungen und mentaler Unterstützung.
Omar
Omar arbeitet seit 2017 bei Telus International. Für ihn ist es am wichtigsten, dass die Moderation von Inhalten als offiziell anerkannter Beruf etabliert wird, damit man nach mehreren Jahren Arbeit nicht wegen mangelnder Anerkennung eine Lücke im Lebenslauf hat. Außerdem würde dies Arbeitnehmern wie ihm ermöglichen, angemessene Löhne und eine angemessene Anzahl von Urlaubstagen zu fordern, im Gegensatz zu dem bloßen Minimum, das derzeit in den Unternehmen gilt.
Lais
Seit sechs Jahren ist Lais bei Telus International in Essen als Moderator für Inhalte tätig. Er überwacht die Plattformen, um Verstöße von Nutzern gegen die Richtlinien zu erkennen und schnell zu beheben und sicherzustellen, dass weder die Betroffenen noch andere zu Schaden kommen. Sein Hauptziel ist es, ein benutzerfreundliches Umfeld zu schaffen, was einen kontinuierlichen Arbeitsablauf rund um die Uhr erfordert, wie es bei Lais‘ Team der Fall ist. Da er sich seit vielen Jahren in diesem Bereich engagiert, weiß er um die Bedeutung und die große Verantwortung, die diese Arbeit mit sich bringt. Aufgrund dieser Belastung ist es für Lais von entscheidender Bedeutung, über diese Arbeit zu sprechen und darauf aufmerksam zu machen. Die vorherrschenden Bedingungen haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Aufgaben der Moderation von Inhalten totgeschwiegen wurden, was die gesellschaftliche Wertschätzung der Arbeit von Moderatoren behindert hat.